2 Unser Alltag ist eine Herausforderung für unsere Beziehung
Beispiel 1:
Lars ist ein
gut ausgebildeter Ingenieur. Doch seine immer stärkere Sucht nach Alkohol hat
ihm irgendwann die Möglichkeit genommen, regelmäßig zu arbeiten. Seit längerem
ist er somit nicht vermittelbar. Seine Frau Sabrina ist Krankenschwester und in
ihrem Beruf angesehen. Sie sind schon seit 5 Jahren verheiratet – damals war
das mit Lars nicht so schlimm, er war gesellig, trank in großer Runde schon mal
zu viel, doch es folgten immer längere Phasen, in denen es zu keinem sichtbaren
Rausch kam. Als die ersten Kündigungen in Lars´ Firma ausgesprochen wurden,
lastete auf den verbliebenen Angestellten ein deutlich größerer Druck. Die
Auftragslage verschlechterte sich deutlich und beim Abendessen sprachen sie
immer wieder mal darüber: Wer wird der nächste sein, der gehen muss? Lars´ Beunruhigung
darüber ahnte Sabrina mehr, als dass er es sagen würde, doch irgendwann gehörte
der abendliche Schlummertrunk zu seinem festen Ritual vor dem Zubettgehen.
Sabrina hatte die Hoffnung, dass er sich fängt. Dann, nach einigen
Krankenständen, wurde ihm gekündigt und zunächst war Sabrina nicht einmal
unglücklich darüber, denn sie dachte: Jetzt kann er sich um sich kümmern, sich
erholen und mit neuer Kraft in einem anderen Betrieb wieder durchstarten. Sie
hatten große Pläne – beide wollten noch zwei bis drei Jahre gut verdienen und
dann wollten sie zwei Kinder bekommen.
Nun waren schon 5 Jahre ins Land gegangen und Lars verfiel immer mehr in Apathie. An manchen Tagen stand er erst am späten Vormittag auf, er sprach kaum noch, pflegte sich im Gegensatz zu früher nicht mehr und - schon um die Mittagszeit begann er zu trinken. Für Sabrina als Krankenschwester war es sonnenklar, dass Lars ein Alkoholproblem hatte und ärztliche Hilfe brauchen würde.
Doch wenn sie ihn darauf ansprach, auch wenn sie, wie in letzter Zeit häufiger, ihn vehement zu bedrängen begann, wich er aus. Sah an ihr vorbei ins Leere, zuckte mit den Schultern, wandte sich ab. Sabrina hatte ihn all die Zeit automatisch in Schutz genommen vor den Fragen ihrer Familien und Freunde, doch langsam fühlt sie, wie ihr die Kraft ausgeht. Sie fragt sich, ob ihre Beziehung überhaupt noch eine Zukunft hat.
Beispiel 2:
Elke und
Julian sind seit 2 Jahren ein glückliches Paar. Doch in letzter Zeit geht es
Elke körperlich nicht so gut, sie hat Unterleibsbeschwerden, die es ihr
praktisch unmöglich machen, mit Julian intim zu sein, ohne Schmerzen zu
empfinden. Sie möchte aber nicht zum Arzt gehen – sie hat eine schlechte
Meinung von Ärzten. Das wird von selbst wieder weg gehen, denkt sie sich. Und
es gibt auch immer wieder kurze Phasen, in denen ihre Beschwerden zurückgehen.
Aber dann verschlechtert sich ihr Befinden wieder. Mit Julian möchte sie auch
nicht darüber sprechen, weil er sich sonst unnötig Sorgen machen würde. Also
behält sie ihr Dilemma für sich und so vergehen die Wochen und Monate, ohne
dass es besser wird.
Julian fühlt sich langsam aber sicher abgelehnt und fragt sich warum. Er versteht Elke nicht, in letzter Zeit ist sie so ablehnend und eher schweigsam. Julian befürchtet, dass er irgendetwas getan haben könnte – er weiß allerdings auch bei gründlichem Nachdenken nicht, was – was sie verletzt hat und weswegen sie ihm böse ist. Er fragt sich, was er tun kann – und fühlt sich total hilflos.